Aus der Coachingpraxis

Willkommen im Team – oder auch nicht …

Im individuellen Coaching habe ich es naturgemäß mit Grenzerfahrungen von Führungskräften zu tun. Was manchem Leitenden die Nerven raubt sind Mitarbeiter, die auf Neuankömmlige im Team allergisch reagieren und ihr ablehnendes Verhalten auch nach mehrfacher Aufforderung partout nicht verändern. Als Leitender stellt sich die Frage: Was soll ich denn jetzt noch tun?

Den Rahmen setzen und alle an einen Tisch.

Rahmenbedingung: Die Führungskraft erklärt, sie wird die Situation nicht länger dulden.

Der Konflikt erscheint verhärtet, die Sichtweisen aller Beteiligten und dahinter liegende Dynamiken müssen deutlich gemacht werden. In einem dreistündigen ergebnisoffenen Erstgespräch mit allen Beteiligten führen wir eine Situationsklärung durch. Emotionaler formuliert: Dampf ablassen ist das Ziel, bitte jedoch ohne Vorwürfe, die kennen alle Beteiligten zur Genüge.

Das Ergebnis:

Nicht nur der Leiter des Teams hat zu kämpfen. Die langjährigen Teammitglieder arbeiten sich an dem laufenden Veränderungsprozess in der Abteilung ab.

Die Situation: Der „Neue“ – zur Entlastung und Back Up ihres Tagesgeschäfts eingestellt – betreibt scheinbar völlig andere Tätigkeiten, mit Rückendeckung des Vorgesetzten! Da bleiben nur zwei Rückschlüsse:

  1. Wenn ein Back Up nicht mehr notwendig ist, dann scheint unsere Arbeit nicht mehr weiter von Bedeutung zu sein. Würde jmd. von uns ausfallen, bliebe die Arbeit liegen.

  2. Werden wir mit unseren Fähigkeiten in absehbarer Zeit hier überhaupt noch gebraucht?

Auch wenn die Deutungen auf den ersten Blick übertrieben anmuten, für die Beteiligten fühlen sie sich sehr real an. Nichts leichter als in dieser Situation einen Sündenbock zu finden – der Neue. Dieser, den Umständen entsprechend sich gesund verhaltend, schottet sich ab. Diese Dynamik wird im Gespräch deutlich gemacht.

Und natürlich wird allen klar – Teamarbeit ist etwas ganz anderes.

Nach den ersten drei Stunden setzt Nachdenklichkeit auf allen Seiten ein. Ein gutes, vor allem realistisches erstes Ergebnis.

 

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2 Gedanken zu „Aus der Coachingpraxis

    1. Gute Frage. Nächster Schritt ist dafür zu sorgen, dass alle Beteiligten die Denke und Gefühlslagen des je anderen verstehen lernen. Dabei hilft es, alle nacheinander einzuladen, die Sicht und die Gefühle des/der anderen noch einmal in eigenen Worten wiederzugeben. Wenn ausreichend Empathie hergestellt ist, geht es darum, die Bereitschaft zu ermitteln, gemeinsam an Lösungen für die Situation zu arbeiten. Das ist meist ein neuralgischer Punkt. Hat die Gruppe genug Energie und genug Willen, künftig wieder enger zu kooperieren? Bei einem deutlichen JA wird in Folgesitzungen an gemeinsamen Lösungen gearbeitet, inhaltlich/sachlich und was die Spielregeln der Zusammenarbeit betrifft. Sind ausreichend tragfähige Lösungen erarbeitet, müssen diese in einer Übergangsphase auf Alltagstauglichkeit getestet werde; i.d.R. vereinbart man ein Folgetreffen nach ein bis zwei Monaten. Dem Vorgesetzten kommt in der Zwischenzeit die Aufgabe zu, regelmäßig Feedbackgespräche mit den Einzelnen zu führen. Eng coachen ist angezeigt, damit die Gruppe den Speed und den Fokus nicht verliert. So wäre der Prozess.
      … gäbe es da nicht die Wirklichkeit: Es kommt vor, dass Einzelne aus dem Prozess aussteigen, ihn nicht durchhalten können oder wollen, emotional kündigen, an ihre Grenzen kommen. Wie Menschen halt sind. Dann wird der Chef gefordert, andere Lösungen zu finden und diese durch- bzw. umzusetzen. Weitermachen wie bisher wäre die denkbar schlechteste Lösung und gäbe kein gutes Beispiel für alle anderen Mitglieder der Abteilung.
      Plausibel?

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