Andreas Liebrecht und Volker Rau erläutern, warum aus Strategieriesen häufig Umsetzungszwerge werden und wie Geschäftsführer dem begegnen.
„Unser Ziel für 2017: die Ziele aus 2016 zum Abschluss bringen, die wir schon in 2015 hätten erledigen sollen, weil wir sie bereits 2014 vereinbart und 2013 geplant hatten.“
Hand aufs Herz: Diese Formulierung dürfte wohl jedem, der anspruchsvolle Unternehmensziele verfolgt, vertraut sein. Woran aber liegt es, dass Ergebnisse auf sich warten lassen?
Wenn eine Strategie verwirklicht werden soll, dann verwandelt sich das Unternehmen idealerweise in eine große Kooperationsarena. Auf den Rängen wird geplant, entwickelt, ausprobiert, und im Inneren der Arena sieht der Chef das neue Produkt oder den Service entstehen. Schön wärʼs!
Tatsächlich arbeiten Führungskräfte und Mitarbeiter viel zu häufig in ihren sogenannten Silos, zu wenig übergreifend abgestimmt; Einzelprobleme werden verdeckt gehalten (immer das Gesicht wahren) und lassen den ganzen Umsetzungsprozess stocken. Angesprochen wird dies erst dann, wenn man einfach nicht mehr wegsehen kann, in der Regel also zu spät. Das Timing ist hinüber – und damit der Markteintritt.
Um es deutlich zu sagen: Das Strategieteam hat sich als handlungsunfähig erwiesen.
Man erinnere sich an den Bau des Berliner Flughafens.
Endlose Diskussionen in stundenlangen Meetings helfen Unternehmen nicht weiter. Erfolgreiche Geschäftsführer und Vertreter des oberen Managements führen turnusmäßige Strategie-Boxenstopps durch. Sie moderieren persönlich ein Treffen aller relevanten Projektleiter. Nach dem Motto:
„Ich will über die Planabweichungen sprechen, weniger über aktuelle Erfolge, stattdessen über das, was im Moment Probleme bereitet. Anschließend besprechen wir, wer im Team wen unterstützen kann.“
So ein Boxenstopp ist das krasse Gegenteil zu einem weiteren stundenlangen Meeting mit endlosen Diskussionen über das Warum des Stockens. Ein gut vorbereiteter und disziplinierter Boxenstopp kann schnell und zügig durchgeführt werden.
Leitfaden zu einem erfolgreichen Boxenstopp
Der erste Schritt ist die Vorbereitung. Dabei sollten sich die Mitarbeiter fragen, wo und woran die Verzögerungen liegen. Vor allem: Wie kann ich sie lösen? Wer sollte zum Problemlösen ins Boot geholt werden? Idealerweise hat jeder eine Visualisierung, eine Skizze zum besseren Verständnis der Problemlage angefertigt. Ein Zettel reicht.
Die Besprechung findet am Stehtisch in einer Besprechungsecke statt. Die Themen Einzelner, ihre Ursachenanalyse und erste Lösungsansätze werden benannt. Bei Bedarf: kurzes, knackiges Brainstorming der Gruppe. Dann die Frage: „Wer kann helfen?“
Transparenz ist wichtig.
Maßnahmen werden mit Timing und Verantwortlichkeiten versehen und zum Beispiel an einer Flipchart visualisiert. Der Geschäftsführer ist persönlich für solche Maßnahmen verantwortlich, die vom Teammitglied nicht mehr eigenständig umgesetzt werden können. Die Besprechung sollte maximal 20 Minuten dauern. Tiefer gehender
Austausch zu einzelnen Punkten kann zwischen den betreffenden Personen im Anschluss stattfinden.
Zwischen den Boxenstopps wird der Fortschritt der vereinbarten Maßnahmen an der erwähnten Flipchart festgehalten. Jeder, der an der Besprechungsecke vorbeikommt, kann auf einen Blick den Fortschritt der Lösungen erkennen. Immerhin wollen und müssen die Beteiligten wissen, ob es mit den Projekten weitergeht.
FAZIT:
Insbesondere wenn Wendigkeit und Schnelligkeit am Markt verlangt werden, sollten Geschäftsführer und leitende
Manager sich selbst und ihren Teams regelmäßige Boxenstopps gönnen. Denn wo Planung auf Realität trifft, wird es erst so richtig interessant. Im Strategiegeschäft geht es durchweg darum, handlungsfähig zu bleiben.
Handlungsfähigkeit setzt Klarheit voraus; und Klarheit entsteht am besten in einem vom Geschäftsführer gut moderierten Rahmen.